Faktor
Überhitzung
Wichtiger als die Unterlage erscheint allerdings die Zudecke. Wobei
hier nicht nur der Rückstau des CO2 eine Rolle spielt, sondern
auch der Wärmerückstau. Viele Organisationen stellen
die Überhitzung des Säuglings als große
Gefahr für dessen Leben dar. Ausgehend von der statistischen
Tatsache, dass in der kalten Jahreszeit mehr Kinder an SIDS sterben als
im Sommer, wird als mögliche Ursache das Beheizen der
Räume und das dickere Bekleiden der Kinder angesehen. Auch bei
der Argumentation, dass Kinder nicht mit den Eltern in einem Bett
schlafen sollten, wird die mögliche Überhitzung als
ein Faktor genannt. Hier sei zur argumentativen Entlastung der
Schlafunterlagen darauf hingewiesen, dass die Wärme nach oben
steigt und die Zudecke maßgeblich für die Temperatur
und das Klima im Bett zuständig ist. Normalerweise sorgt der
Körper für die Wärme im Bett. Die Zudecke
beeinflusst die Temperatur, indem sie - je nach Materialeigenschaft -
einen Teil der Wärme durchlässt
und so für
die richtigeTemperatur sorgt. Der Behaglichkeitsbereich bei Erwachsenen
liegt bei etwa 35
Grad
Celsius. Ein Daunenbett ist deshalb ungeeignet, weil es den
Luftaustausch und damit den Wärmetransport unterbindet, hier
kann es
auch zur Anreicherung von CO2 kommen. Leider ist auch das Verhalten von
synthetischen Fließen hier nicht optimal. Auch sollten die
Inlay-Stoffe
luftdurchlässig sein. Problematisch sind somit auch
Allergiker-Betten,
die mit festen Stoffen oder gar Folien Hausstaubmilben fern halten
sollen. Als risikoarme Zudecke wird der Schlafsack propagiert, da er
nicht aus Versehen über das Gesicht des Säuglings
rutschen kann. Die
Überhitzungsthese wird in letzter Zeit immer mehr
abgeschwächt. Zum
Teil entstand sie wohl aus der Beobachtung der Eltern und
Ärzte, dass
ein großer Teil der Kinder, die später an SIDS
verstarben, zuvor stark
schwitzten. Neuere Studie legen aber nahe, dass das Schwitzen eher als
Symptom einer Reihe von möglichen Ursachen anzusehen ist. So
ist das
Schwitzen typisch für beispielsweise Herzerkrankungen,
Stoffwechselstörungen oder bakterielle Erkrankungen. In den
letzten
Jahren rücken solche Erkrankungen oder Dysfunktionen immer
mehr in den
Mittelpunkt der Forschung über die Ursachen von SIDS.
Gift-
und Gerbstoffe
Das
signifikanteste Risiko ist das Rauchen während der
Schwangerschaft und
die passive Exposition der Neugeborenen mit Zigarettenrauch. Hier haben
wir ein ganzes Bündel von verdächtigen Stoffen, wie
polizyklische
Aromate und Formaldehyd. Formaldehyd kommt auch gerne in Bettwaren vor,
etwa wenn mit Kunstharzklebern Vliese verrutschsicher verklebt werden.
Davon könnten gerade Produkte betroffen sein, die als
für „Allergiker
geeignet“ bezeichnet werden. Stoffe der Aldehyd-Gruppe werden
auch zum
Gerben verwendet, zum Beispiel bei der so genannten medizinischen
Gerbung (Markenname „Relugan®“), nicht
selten kombiniert mit der
Chromgerbung. Aber auch bei pflanzlichen Gerbungen werden diese Stoffe
teilweise in der Vorgerbung verwendet. Außerdem
können sie zur
Beschleunigung des Transportes des eigentlichen Gerbstoffes verwendet
werden. Allerdings ist mir kein Test bekannt, bei dem ein Ausgasen von
Formaldehyd bei Fellen nachgewiesen wurde. Für Leute, die
absolut kein
Händchen für Felle haben und diese unbedingt in der
Maschine waschen
wollen, finde ich eine reine Relugan®-Gerbung vertretbar.
Abzuraten ist
von der Chromgerbung, weil Chrom Allergien auslösen kann und
bestimmte
Chrome sogar krebserregend sein können (Chrom wird beigemischt
um die
Waschbarkeit auch bei höheren Temperaturen zu verbessern).
Wenn im
Leder graue Schichten zu sehen sind oder die Rückseite grau
ist, wurde
Chrom zum Gerben eingesetzt. Bei den pflanzlichen Gerbungen ist die
Mimosa-Gerbung sehr verbreitet und meines Erachtens bei Babyfellen die
Gerbung der Wahl. Allerdings gibt es auch hier keine
geschützten
Bezeichnungen, so dass darunter sehr viel verstanden werden kann. Bei
allen Gerbungen könnten bedenkliche Stoffe enthalten sein. Zum
Beispiel
PCP, in höherer Konzentration am typischen Chlorgeruch zu
erkennen. Es
kann schon beim Salzen der Rohfelle Verwendung finden und kommt als
Rückstand in alten Anlagen vor, die schon vor der
PCP-Verordnung in
Betrieb waren und später als PCP in Deutschland verboten, nach
Südamerika verkauft wurden. Die PCP-Verordnung (erlassen nach
dem „Holzschutzmittel- Skandal“) lässt
einen
Grenzwert von fünf Milligramm
PCP pro Kilogramm zu. Ein Wert der vielleicht Erwachsene
schützt aber
für Babys absolut zu hoch ist. Es soll auch in Deutschland
Gerbereien
geben, die PCP einfach durch andere Konservierungsstoffe aus der Gruppe
der Phenole und Crisole ersetzt haben. Das Schöne am Gerben
ist, dass
hier sehr feste Verbindungen geschaffen werden und ein Austritt
bedenklicher Stoffe nicht bewiesen werden kann. Es gibt jedoch
Gerbereien die solche Stoffe erst gar nicht einsetzen.
Sorgfältige
Auswahl
Es
ist klar, dass Säuglinge möglichst vor jeder
Exposition mit
bedenklichen Stoffen geschützt werden sollten. Deshalb gilt:
Babyschaffelle sollten nach Schaf riechen und nicht nach Chemie (Chlor,
Konservierungsstoffe, beißende und irritierende aber auch
parfümierende
Gerüche sollten Sie immer stutzig machen.) Eine handwerklich
gute
Gerbung lässt das Fell „lebendig“
erscheinen, es fühlt sich nicht
stumpf und tot an. Besonders gut gelingt dies mit der Mimosa-Gerbung.
Die Wolle sollte geschoren und kadiert sein und eine sehr dichte,
gleichmäßige Oberfläche bieten.
Schläft das Kind in der Rückenlage ist
gegen das Fell als Schlafunterlage nichts einzuwenden. Ist die
Bauchlage nicht zu vermeiden besteht generell ein höheres
SIDS-Risiko.
Über die dann geeignete Schlafunterlage gibt es keine sichere
Empfehlung. Hinter vielen Aussagen stehen einfach kommerzielle
Interessen. Auch herkömmliche Matratzen und andere Unterlagen,
die
nicht entsprechende Siegel tragen und entsprechenden Kontrollen
unterliegen, können bedenkliche Stoffe enthalten - ein Fell
ist aus
dieser Sicht nicht riskanter als andere Materialien. Bedenkt man die
positiven Effekte, die ein gutes Fell auf die Entwicklung von
Kleinkindern haben kann, halte ich eine pauschale Verdammung von
Babyfellen für nicht gerechtfertigt. Aber Eltern und die sie
beratenden
Personen sollten bei allen Dingen, mit denen wir unsere Babys umgeben,
die nötige Sorgfalt in der Auswahl an den Tag legen.
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Gibts es ein Biofell?